Sonntag, 20. November 2016

Aus der Praxis: "Durchfall bei Vögel"

I. Allgemeines:

Wer im Umgang mit Vögel nicht geschult ist, der läßt bitte gleich die Finger davon. Bitte besucht in diesem Fall zuerst ein Seminar, wo Ihr die Grundbegriffe erst einmal lernt. 
 
Das hört sich sehr gemein an, aber ein unscheinbarer Kanarienvogel kann durchaus seine 500,- Euro kosten. Ein überaus seltener Hyazinthara kostet auch schon gerne seine 50.000,- Euro. Wenn die Versicherung nicht zahlt, der ist dann auch recht schnell ein Fall für die Insolvenz einer Tierheilpraxis ! Leider ist es nunmal so, dass in den meisten Fällen das Thema "Vögel" kaum oder gar nicht in der Ausbildung besprochen wird. Ich habe auch schon Scripte in der Hand gehalten, wo so viele Fehler drin waren, dass es geradezu gefährlich ist, wenn man Tierhalter so beraten würde hinsichtlich den Anforderungen. 
 
Ich empfehle Euch, eine Fortbildung im Schwerpunkt "Vögel". Ein weiterer Tipp wäre der Lehrgang "Sachkunde Vögel", den sowohl der BNA als auch der DKB durchführen. Dort erhaltet Ihr zumindest die einfachsten Grundlagen beigebracht.

II. Durchfall

Es gibt einen Merksatz, den man sich unbedingt merken sollte. Dieser wurde mir nicht nur von alten Züchtern mit auf den Weg gegeben, sondern dieser wird auch von Ärzten und THP-Ausbildern nahezu "gepredigt". Er heisst: Durchfall ist keine Krankheit sondern ein Symptom. Es gibt einige Ursachen, z. B. solche, die ernährungsbedingt sind, Vergiftungen, Viren, Bakterien oder auch Darmparasiten. Auch Medikamente (Antibiotika) kann eine Ursache sein.

Was bedeutet das also nun für uns ? Es bedeutet, dass wir die Ursache herausfinden müssen. Dazu haben wir auch einige Möglichkeiten, insbesondere diese:
  • gründliche Anamnese
  • Laboruntersuchung des Kotes (z. B. bei Vetscreen)
  • Vogel genauestens anschauen.
    • Achtung beim Herausnehmen ! Es gibt allerdings besonders stressempfindliche Vögel, die das nicht so einfach tolerieren. Eine Reaktion könnte sein, dass sie alle Federn "fallen" lassen.
    • Meistens ist das Gefieder aufgeplustert, an der Kloake ist das Gefieder oft verschmiert.
    • Die Vögel trinken auffallend viel, fressen auch vermehrt Gritstückchen
Der zweite Grundsatz bei Durchfall ist der, dass Durchfall sehr schnell lebensbedrohlich werden kann, insbesonders bei kleinen Vögel (Zebrafinken, Gouldamadinen, Reisfinken, Kanarien, Wellensittiche u. a.).

III. Was können wir eigentlich bei Durchfall tun ?

Wir haben einiges zur Verfügung, mit dem man unterstützend arbeiten kann. Was wo wie wann angezeigt ist, das würde den Rahmen sprengen. Ich möchte die Möglichkeiten daher sehr allgemein halten.

Tierphysiotherapie:

Bei einigen Tieren habe ich eine Rotlichtlampe vor den Käfig gestellt, weil Wärme angezeigt war. Allerdings so, dass der Vogel einen kühleren Bereich hat, aber auch den warmen Rotlichtbereich. Diesen Tieren ging es wirklich schlecht. Sie sassen, fast apathisch am Käfigboden.

Phythotherapie:

Manchmal habe ich auch meinen "Durchfalltee" mit etwas Traubenzucker eingesetzt. Das Rezept für den "Durchfalltee" lautet:
  • 40g Rhizoma Tormentillae
  • 30g Flores Chamomillae
  • 30g Herber Anserinae
Problem bei diesem Tee ist, dass manche Vögel, insbesondere Papageien, wenn etwas nicht schmeckt auch gerne "bocken" und gar nix trinken. "Süsses" mögen die meisten gerne, daher der Traubenzucker. Das funktioniert aber nicht bei einer Krankheit, dessen Ereger Pilze sind !

Wenn der Vogel trotzdem den Tee nicht mag, dann statt Tee die Tyrode-Lösung anbieten. Wenn der Vogel trotzdem nichts trinkt, als letzte Möglichkeit ein gutes Mineralwasser ohne Kohlensäure anbieten.

Homöopathie

In der Literatur wird folgendes Konzept empfohlen
  • 2 Globoli ISO Darmmittel 1 und 2
  • 1 Globuli Okoubaka C30
  • bis Besserung eintritt
Darüber kann man streiten. Ich habe einige Tiere gehabt, da funktioniert das super, andere sprechen gar nicht darauf an. Ich persönlich mag keine "Bäckereirezepte" in der Homöopathie und arbeite  lieber "klassisch". Zum Beispiel seien hier einige Homöopathika genannt, an die man denken könnte:
  • Antimonium Crudum D6,
    • bei bakteriell bedingtem Durchfall
    • wenn Durchfall und Verstopfung wechselt
  • Arsenicum Album D6
    • bei bakteriell bedingtem Durchfall
    • wenn die Ursache in einem schweren Verlauf mit Fressunlust und Apathie einhergeht
  • Nux Vomica D6
    • bei jeder Durchfallerkrankung
  • Mercurius Solubilis D12
    • bei jeder Durchfallerkrankung
    • 5 Stück Globuli im Trinkwasser auflösen
Diese Liste ist natürlich nicht vollständig.
  
Farbtherapie:

Vögel sind Wesen des Himmels, und ich habe schon sehr oft gesehen, dass man durchaus Farbtherapie einsetzen kann. Allerdings funktioniert diese nur in Kombination mit einer anderen naturheilkundlichen Therapie. Zumindest sind das meine Erfahrungswerte.
  • 15 Min grünes Licht
  • 20 Min. gelbes Licht
Das mache ich 2x am Tag begleitend.

Bachblüten:

Ich setze auch manchmal Bachblüten ein. Hilfreich ist oft eine Mischung aus
  • Rescue
  • Crab Apple
  • Centaury
  • Rock Rose.0
 Allerdings trifft das nicht auf jeden Vogel zu.
Sonstiges

Vogelkohle

Vogelkohle ist ein uraltes "Helferlein". Es gibt aber auch einen Nachteil. Wenn Vogelkohle zu lange gegeben wird, dann kann es zu Mangelerscheinungen kommen. Man hat herausgefunden, dass die auch nützliche Stoffe wie Vitamine und Mineralstoffe bindet. Ausserdem sieht es unter Umständen danach aus, als sei die Gefahr des Durchfalles beseitigt, da die Vogelkohle die Flüssigkeit bindet. Wichtig ist immer, die eigentliche Krankheitsursache zu finden !

Sonstige Pflegemassnahmen
  • Vogel einzeln setzen (Krankenkäfig), am besten in einen separaten "Quarantäneraum".
  • Boden mit Küchenpapier auslegen und dieses häufig wechseln !
  • Auf den Boden kommen 3 Näpfe
    • Futternapf
      • ggf. auch "Päppelfutter" anbieten. Je nach Ernährungszustandes.
    • Wassernapf
    • Napf mit Vogelsand, der Gritstückchen enthält.
  • Wiegen ! Die Gewichtskontrolle ist sehr wichtig. Wenn der Vogel weder trinkt, noch frisst, kann eine Zwangsernährung unter Umständen nötig werden. Dazu setzt man den Vogel in einen Pappkarton, den man wiegt. Gewicht notieren. Anschliessend Pappkarton ohne Vogel wiegen. Dann wird das zweite Gewicht vm ersten ermittelten Wert abgezogen. Somit weiß man, was der Vogel wiegt.
  • Näpfe jeden Tag reinigen und desinfizieren. Darauf achten, dass keine Rückstände vom Desinfektionsmittel zurück bleiben.
  • Käfig täglich gründlich reinigen.
  • Eventuell muß die Kloacke gereinigt werden von hartem Kot. Das geht so:
    • Wasser erwärmen (zwischen 35 und 40 Grad Celsius).
    • In das Wasser wird ein Wattebausch (oder Wattestäbchen) getaucht
    • Mit dem Wattebausch oder Wattestäbchen wird die Kotkruste berührt, wobei nach einiger Zeit der Kot aufweicht. Man kann ihn nun wegwischen und entsorgen.
So, dass waren meine allgemeinen Gedanken zu diesem Thema. Sollte jemand noch weitere Tipps (aus der Züchterstube oder Praxis) haben, würde ich mich sehr freuen.


© Nicole Müller

Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information. Er dient nicht der Erteilung medizinischer Ratschläge, als medizinische Anweisungen, oder als Aufruf zur Selbstbehandlung! Ich übernehme keinerlei Gewähr für die Richtigkeit meiner Angaben, die Nutzung erfolgt ohne Haftung und Gewähr auf Vermögens-, Sach-, Gesundheitsschäden oder andere Schäden.